Geierperlhuhn (Acryllium vulturinum)

 

Vor einigen Jahren sah ich Geierperlhühner erstmals in einem Zoo.
Es war für mich Liebe auf den ersten Blick.

Geierperlhühner (wissenschaftlicher Name: Acryllium vulturinum) sind die einzigste Art in ihrer Gattung (Acryllium)
in d
er Familie der Perlhühner (Numididae) aus der Ordnung der Hühnervögel (Galliformes).

Geierperlhühner haben ein sehr auffälliges Federkleid. Über einer kobaltblauen Brust fallen vor allem die schwarz weißen langen lanzettenförmigen Halsfedern auf. Die Schwingenfedern sind schwarz mit feinen weißen Linien. Die übrigen Körperfedern sind schwarz mit weißen Tupfen. Hähne sind etwa 70 Zentimeter groß und wiegen ca. 1,6 Kg. Hennen sind etwas kleiner und wiegen 200 Gramm weniger.
Die Geschlechter untersch
eiden sich äußerlich nur durch die etwas längeren Brustfedern der Hähne.
Charakteristisch für die Namensgebung war der Kopf des Tieres. Bis auf einen braunen Nackenstreifen ist er völlig kahl und ähnelt dem e
ines Geiers sehr.
Nach dem Zoobesuch zuhause angekommen, stürzte ich mich erst mal auf meine Bücher und das Internet, um mehr über diese interessanten Tiere zu erfahren. Sicher hatte ich schon Erfahrung mit diversen Wachteln und Fasanen. Dies war für mich jetzt aber eine größere Hausnummer.
Die Ausbeute an den von mir gesammelten Informationen über die Tiere waren für mich zuerst etwas ernüchternd bis logistisch fas
t unlösbar. Ihre Haltung bei Außentemperaturen unter 10° wäre nicht möglich.
In Gedanken war ich aber schon lange Besitzer dieser skurrilen Tiere. In einem konstruktiven Gespräch mit meiner liebe Frau Claudia, konnte ich sie davon überzeuge
n, dass der frisch renovierte Aufenthaltsraum in unserem Gehege für uns eigentlich vieeeel zu groß ist und der kleine Nebenraum für uns vollkommen ausreicht. Die Unterbringung der Tiere  war also gesichert. Und Platz hatten sie auf 25 qm beheizbarem Raum auch genügend.  Praktischerweise waren ja schon zwei große Sandausläufe links und rechts des Schutzraumes vorhanden. Nur noch links und rechts zwei Durchbrüche in die Wand, Klappe dran – fertig.
Beheimatet sind Geierperlhühner in Teilen von Äthiopien, Somalia, Kenia und Tansania, wo sie Halbwüstenbusch bewohnen, der vorwiegend aus Flötenakazie und Sträuchern besteht.
Obwohl es in diesem Habitat äußerst trocken ist, vermag das Geierperlhuhn dort gut zu leben. Die in der Nahrung vorkommende Feuchtigkeit ist für die Tiere meist ausreichend um ihren Flüssigkeitsbedarf zu decken.
Geierperlhühner sind äußerst gesellige Tiere. Hähne raufen sich nur selten untereinande
r. In freier Wildbahn bilden sie den größten Teil des Jahres Gesellschaften von bis zu 100 Tieren.
Meine Geier fand ich mehr oder weniger zufällig bei einem Händler, bei dem sie zuvor bestellt und nicht abgeholt worden sind. 2 Hähne und 4 Hennen, Wildfänge. Geierperlhühner sind übrigens keine bedrohte Tierart, allerdings auch kein Schnäppchen im Erwerb. Ihre Population wird derzeit auf 1.500.000 Tiere geschätzt.
Dem Einzug meiner kleinen Herde von 2 Hähnen und 4 Hennen Tieren stand also nichts mehr im Weg.
Rivalität unter den Hähnen ist bei meinen Tieren nur sehr schwach ausgeprägt. In diesen Gesellschaften gibt es auch immer einige Tiere, meist Hähne, die Wache halten während die anderen Futter suchen oder fressen.
Dies konnte ich auch bei meinen Tieren beobachten. Ist Gefahr in Verzug
, gibt der Wächter sofort sehr laute und schrille Rufe von sich dem sich die restlichen Tiere umgehend anschließen.
Ein absolut ohrenbetäubender Krach. Ich hatte es mir dann im laufe der Zeit angewöhnt, beim Gehege säubern Ohrschützer aufzusetzen, da der Lärm wirklich nicht zu ertragen ist.
Die Haltung in oder der nähe von Wohngebieten ist daher nicht zu empfehlen. Geierperlhühner sind zwar sehr Fluggewand, halten sich aber fast nur auf dem Boden auf. Auch bei Gefahr wird zuerst die Flucht zu Fuß ergriffen und erst wenn gar nichts mehr geht, fliegen sie auf. Lediglich zum übernachten fliegen sie freiwillig auf den nächsten Baum.
Geierperlhühner sind Allesfresse
r. Sämereien, Blüten, Wurzeln, Würmern, Insekten - sie fressen alles. Sie gehen gemeinschaftlich auf die Nahrungssuche und scharren und durchwühlen dabei wirklich sehr stark den Boden nach Nahrung. Dieses Verhalten birgt in Volierenhaltung leider die Gefahr infektiöser Krankheiten. Die Keime werden bei ihnen durch ihr ständiges scharren und wühlen im Bodengrund aufgenommen. Gelegentlicher Bodenwechsel und generelle Sauberkeit im Gehege ist daher Haltungsvoraussetzung.
Aus diesem Grund habe ich es auch immer vermieden
, anderes Federvieh wie z.B. Tauben in denselben Volieren mit ihnen zu halten.
Durch ihr ständiges wühlen ist ein Gehege mit durchgehender Grasnarbe leider sehr schwer zu realisieren. Die Haltung auf gewaschenem Sand hat sich bei mir als die beste erwiesen
, zumal er sehr einfach zu reinigen ist. Eine weitere Unart der Tiere – sie fressen bzw. zerstört alles was in Schnabelreichweite grün an Büschen und Bäumen wächst. Lediglich Nadelhölzer werden verschont.
Beim Futter sollte nicht gespart werden. Ich empfehle ein abwechslungsreiches Futter. Meine Tiere bekommen ganzjährig ein bestimmtes Fasanenpresskorn. Gelegentlich zusätzlich gemischt mit Quark, Joghurt oder Vitaminzusätzen. 2-3 x pro Woche bekommen sie einige Mehlwürmer, Maden oder Heuschrecken. Außerdem "wurzelartiges" Gemüse, wie Möhren, Kohlrabi und Radieschen. Grünzeug, Beeren und Obst fressen sie sehr gerne, egal ob es jetzt Äpfel, Erdbeeren, Mangos oder Melonen sind. Jedoch rate ich, nicht zu viel und zu oft wässrige Früchte und  Salat zu verfüttern. Der Kot der Tiere wird zu dünnflüssig und verschmutzt den Untergrund in kürzester Zeit.
Fortpflanzungsfähig werden die Tiere aus meiner Erfahrung im Alter von ca. 18 Monaten.
Bestes Indiz hierfür ist die Umfärbung der Augen von blaugrau über braun in ein kräftiges Rot. Das Geierperlhühner in Gesellschaft feste Paare bilden, könnte ich nicht feststellen. Ich konnte zwar beobachten
, das es immer eine Henne gab, die etwas favorisiert wurde, der betreffende Hahn sich aber nicht daran störte, wenn der andere Hahn diese auch beglückte. 
Das Paarungsverhalten wird einigen Fasanenliebhabern äußerst ruppig vorkommen. Sollte eine Henne sein Balzverhalten und Paarungsbereitschaft zu lange ignorieren
, wird die Henne beim wegrennen am Genick gepackt und äußerst ruppig im wahrsten Sinne des Wortes "niedergestreckt". Es kommt fast einer Vergewaltigung gleich.
Ein Gelege
, meist nur eine kleine Bodenmulde, besteht aus bis zu 12 Eiern das in 24 Tagen von der Henne erbrütet wird. Der Hahn hält sich in dieser Zeit zwar immer in der Nähe auf und hält Wache, ignoriert frisch geschlüpfte Kücken aber vollkommen und macht auch keine Anstalten diese zu führen. Darum kümmert sich alleinig die Henne. Auslöser für die Brutzeit in freier Natur sind die je nach Jahreszeit auftretenden Regenfälle, die so für genügend Nahrung für ihren Nachwuchs sorgen. In Volierenhaltung kann es dann schon mal vorkommen, dass die Brutzeit in einen nassen November fällt. Die Kücken sind bereits einen Tag nach dem Schlupf äußerst flink auf den Beinen. Die ersten Tage fressen sie überwiegend Insekten, Kerbtiere und Würmer. Es sollte deshalb immer ein größerer Vorrat an diesem Getier zur Verfügung stehen. Leider fressen die Alttiere dieses Lebendfutter selber nur all zu gerne, weswegen ich es mir um die hohen Futterkosten zu reduzieren angewöhnt hatte, spätestens 2 Tage nach dem Schlupf die Kücken von ihnen zu trennen.  Mit 6-8 Tagen können sie die ersten Meter und nach 18 Tagen sehr gezielt fliegen. Geierperlhühner können 15 Jahre alt werden.
Geierperlhuhn Kücken gehören für mich zu den attraktivsten Kücken unter den hühnerartigen. Ihre Tigermusterung bietet ideale Tarnung in freier Natur und ist in Volieren ein echter Hingucke
r. Mit Leckereien aus der Hand bekommt man sie auch sehr zahm.
Kurz vor  Wandlung zur Geschlechtsreife werden die Tier aber zunehmend scheuer, bis sie als ausgewachsene Tiere wieder fast ganz verwildern.

Die ersten lebend nach Europa gelangten Geierperlhühner wurden 1863 im Hamburger Zoo gezeigt. Der erste deutsche Zuchterfolg wurde 1975 im Berliner Zoo verzeichnet. Sie kamen aus dem Brüter.
Die Haltungsbedingungen sind eigentlich recht einfach. Die Tiere sind nur sehr empfindlich gegenüber nasskalter Witterung. Trockene Kälte bis knapp über der Frostgrenze vertragen die Tiere recht gut
, nur sollte man den Tieren unbedingt einen ausreichend großen trockenen Schutzraum anbieten können, in den sie sich bei Bedarf und in der Nacht aufhalten können. Das Schutzhaus wird die ganze Kälteperiode auf mindestens +6° geheizt. Im Winter durften sie bei mir unter Aufsicht auch schon mal im trockenen Pulverschnee in die Aussenvoliere. War es ihnen zu kalt, sind sie wieder in ihr Schutzhaus gegangen.

 

 
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